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Automobili Lamborghini und Verbundwerkstoffe. Zwölf Etappen einer über 35-jährigen Erfolgsgeschichte

VERÖFFENTLICHUNGSDATUM: 09 Sept. 2021   |   Sant’Agata Bolognese

Sant’Agata Bolognese, 09. September 2021 – Eine der strategischen Stärken von Automobili Lamborghini bei der Konzeption seiner Produkte besteht in der Entwicklung und dem Einsatz von Leichtbaumaterialien aus Carbonfaser. Ständiges Experimentieren und ein innovativer Ansatz haben der Marke mit dem Stier in mehr als 35 Jahren eine absolute Führungsrolle in diesem Bereich eingebracht. Das sind die zwölf Stationen dieser außergewöhnlichen Geschichte:

1983: Lamborghini wagt sich erstmals an die Entwicklung und Anwendung von Carbonfaser heran. In der neuen Abteilung mit dem Titel „Esperienza Materiali Compositi“ (E.Co – Verbundwerkstoff-Know-how), die dank den aus den ersten Carbonfaser- und Kevlar-Komponenten der Boeing 767 in Seattle gewonnenen Erkenntnissen ins Leben gerufen wurde, wird der erste Prototyp des Countach mit Carbonfaser-Chassis geboren, der nicht von ungefähr den Namen Evoluzione erhält. Dies ist das erste Lamborghini-Projekt, bei dem Verbundwerkstoffe zum Einsatz kommen, und das erste Projekt dieser Art überhaupt für ein Straßenfahrzeug.

2007: Eine mit der University of Washington (UW) geschlossene Kooperation führt zu einer bedeutenden Wendung in der Geschichte von Verbundwerkstoffen bei Lamborghini. Einige grundlegende Entwicklungsaspekte des Out-of-Autoclave-RTM-Verfahrens werden an die US-amerikanische Universität ausgelagert –  Technologie, die später die Grundlage für das Monocoque des Aventador bilden wird.

2007 wird zudem eine im Forschungs- und Entwicklungsbereich angesiedelte Abteilung gegründet, das heutige „Centro Sviluppo Compositi“ (Entwicklungszentrum für Verbundwerkstoffe), das nach innovativen Materialien forscht und neue Konzepte und Technologien für die Anwendung von Carbonfaser entwickelt.

2008: Der erste Kooperationsvertrag mit Boeing wird unterzeichnet, um das Crashverhalten von Verbundwerkstoffen sowie des Aventador-Monocoques zu untersuchen. Automobili Lamborghini setzt als erstes Unternehmen in der Automobilbranche Technologien, Prozesse sowie Simulations- und Charakterisierungsmethoden von Verbundwerkstoffen aus der Luft- und Raumfahrt ein.

2010: Dank der Zusammenarbeit mit Boeing und Callaway entwickelt Lamborghini die patentierte Technologie „Forged Composites®, die im Laufe weniger Tage zur Idee des Supercars Sesto Elemento führt. Im selben Jahr wird im Lamborghini-Werk eine spezielle Anlage für die Fertigung von Bauteilen aus Verbundwerkstoffen errichtet, in der sich automatisierte Produktionsabläufe mit in sorgfältiger Handwerkskunst ausgeführten Arbeitsschritten abwechseln. Diese Anlage wird später dazu genutzt, des Monocoque des Lamborghini Aventador zu fertigen.

2011: Der neue Aventador LP 700-4 mit innovativem Monocoque aus Carbonfaser, das zur Gänze von Lamborghini entwickelt und produziert wurde, feiert sein Debüt. Der vollständig aus Carbonfaser gefertigte und mit einer einzigartigen Struktur konzipierte Rahmen des Aventador bringt lediglich 229,5 kg auf die Waage. Vor allem wegen der Einzigartigkeit und Komplexität des Fertigungsprozesses, zu dem sich kein einziger Zulieferer im Stande sah, entschließt sich Lamborghini, das Verbundwerkstoff-Monocoque intern zu produzieren.

Die meisten Teile des Monocoques werden im patentierten „RTM-Lambo“-Verfahren von Lamborghini gefertigt. Dadurch entfallen nicht nur das händische Walzen und der Einsatz des Autoklaven, sondern es können zudem Carbonfaser-Formen eingesetzt werden. All dies verringert Bearbeitungszeiten und macht die RTM-Lambo-Technologie zu einem hochmodernen Fertigungsverfahren.

2011 beginnt zudem die Entwicklung der Repair-Strategie im Rahmen einer neuen Kooperation mit Boeing.

2014: Automobili Lamborghini wird weltweit als erstem Automobilhersteller die Zertifizierung des TÜV für den Reparaturservice von Carbonfaser-Fahrzeugen verliehen. Der Repair-Service, dessen Entwicklung 2011 begann, erhält diese Anerkennung nach einer Reihe von Prüfungen durch die Fachleute des TÜV Italien im Hinblick auf die geforderte Verantwortlichkeit, Rückverfolgbarkeit, Zuverlässigkeit, Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Genauigkeit des angebotenen Service. Für diesen werden als „Flying Doctors“ bezeichnete Fachleute eingesetzt, die ihre Ausbildung in der Repair-Abteilung von Boeing Co. begonnen und später bei der Abaris Training Resources Inc. in Nevada fortgesetzt haben, wo sie die von der amerikanischen Federal Aviation Administration anerkannte Qualifikation „Advanced Composite Structures Damage Repair“ erlangt haben. Der Repair-Service von Lamborghini soll garantieren, dass die technischen Leistungsmerkmale zu 100 Prozent denen des Originalteils entsprechen.

2015: Carbonskin® wird geboren. Automobili Lamborghini erweitert sein Tätigkeitsfeld auf flexible Materialien und konzipiert nach jahrelanger Forschung und Entwicklung ein neues Material aus Carbonfaser mit flexibler Matrix, das sich für die Anwendung im Innenraum eignet. So wird Carbonskin® geboren, ein einzigartiger, für die Automobilbranche geeigneter, flexibler Verbundwerkstoff und ein weiteres exklusives Patent von Lamborghini. Carbonskin® wurde vollständig vom Forschungs- und Entwicklungsteam von Automobili Lamborghini entwickelt und erfüllt alle Zulassungs- und Validierungsbedingungen der Automobilbranche. Dieses innovative Material bietet neben der erzielten Gewichtseinsparung (-28 Prozent gegenüber Alcantara und -65 Prozent gegenüber Leder) einzigartige ästhetische Merkmale, wie die Natürlichkeit der Carbonfaser, einen dreidimensionalen Effekt und eine unglaubliche Weichheit, die gegenüber anderen Materialien sofort haptisch spürbar ist.

2016: Das neue Carbonfaser-Forschungszentrum Advanced Composite Structures Laboratory (ACSL) wird in Seattle (Washington, USA) eröffnet. Das ACSL befasst sich als externe Einheit des Firmensitzes in Sant'Agata Bolognese mit der Analyse neuer Anwendungsmöglichkeiten von Carbonfaser.

2017: Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit dem Houston Methodist Research Institute zur Untersuchung von Verbundwerkstoffen in der Medizin. Automobili Lamborghini stellt dem Methodist Houston Research Institute sein Know-how für das Studium von Verbundwerkstoffen aus Carbonfasern zur Verfügung und legt damit den Grundstein für eine Kooperation, die die Untersuchung dieser Materialien im medizinischen Bereich zum Ziel hat. Das Forschungsprojekt befasst sich mit der Analyse der In-vitro-Biokompatibilität von Verbundwerkstoffen, die potenziell für die Entwicklung von prothetischen Implantaten, aber auch für subkutane Vorrichtungen eingesetzt werden könnten. Zweck ist die Entwicklung neuer, leichter Materialien, die röntgendurchlässig, für den menschlichen Körper besser verträglich und auf Dauer haltbarer sein sollen als jene, die derzeit in der Medizin zum Einsatz kommen.

2019: Tests im Weltraum. Automobili Lamborghini forscht als erster Automobilhersteller der Welt an Bord der Internationalen Raumstation ISS an Carbonwerkstoffen. Die zwei Jahre zuvor von Automobili Lamborghini und dem Houston Methodist Research Institute begonnene Forschungsarbeit an fortschrittlichen Carbonfaser-Verbundwerkstoffen erreicht damit einen wichtigen Meilenstein. Am 2. November 2019 startet die Trägerrakete Northrop Grumman Antares von der Wallops Flight Facility in Virginia, um eine Reihe von Verbundwerkstoffproben, die von Automobili Lamborghini gefertigt wurden, an Bord der Internationalen Raumstation ISS zu bringen. Der Start ist Teil einer Testkampagne unter der Aufsicht des Houston Methodist Research Institute, die vom ISS U.S. National Laboratory finanziert wird. Ziel dieser Tests ist vor allem, die Reaktion von fünf verschiedenen von Lamborghini produzierten Verbundwerkstoffen auf die extremen Belastungen durch die Weltraumumgebung zu analysieren und somit Erkenntnisse im Hinblick auf zukünftige Anwendungen bei den Modellen des Fahrzeugherstellers sowie im medizinischen Bereich zu gewinnen.

2021: Der Lamborghini Essenza SCV12, das erste Fahrzeug, das mit einem gemäß den FIA-Hypercar-Sicherheitsstandards homologierten Überrollkäfig aus Carbon aufwartet, feiert sein Debüt. Eine herausragende Leistung, die der 30-jährigen Erfahrung von Automobili Lamborghini in der Forschung und Anwendung von Verbundwerkstoffen im Automobilsektor zu verdanken ist.

Dazu wurde das in den Autoklaven der CFK-Abteilung von Automobili Lamborghini in Sant'Agata Bolognese gefertigte Carbonfaser-Monocoque an mehreren Stellen verstärkt, um den für die FIA-Homologation erforderlichen Prüfkräften von über zwölf Tonnen Krafteinwirkung im Rahmen der extrem strengen statischen und dynamischen Tests ohne größere Verformungen standzuhalten. Die über 20 statischen Tests umfassten neben dem Rahmen auch die Pedalerie, die Sicherheitsgurte und den Kraftstoffbehälter. Die dynamischen Crashtests umfassten hingegen Kollisionen mit Geschwindigkeiten von bis zu 14 Metern pro Sekunde. Es ist wichtig zu wissen, dass im Rahmen dieser Tests keine externen Elemente in den Rahmen eindringen dürfen, die in Kontakt mit dem Fahrer kommen könnten, und keine Lecks am Kraftstoffbehälter auftreten dürfen.

Heute: Nachhaltigkeit und Recycling Ein weiterer Aspekt, für den sich Lamborghini bereits seit Jahren engagiert, ist die ökologische Nachhaltigkeit der Verbundwerkstoff-Produktionsprozesse. Dank der kontinuierlichen Forschungs- und Entwicklungsarbeit der Lamborghini-Ingenieure stehen heute spezielle Produktionsverfahren zur Verfügung, die den Verbrauch von Energie und wertvollen Ressourcen wie Wasser senken sowie den Abfall bei der Verbundwerkstoff-Produktion massiv reduzieren.

Etwaige Produktionsreste werden für andere Anwendungen am Fahrzeug und interne Zwecke wie Verkleidungen und Handwagen wiederverwendet. Nicht wiederverwendbare Teile werden gesammelt und zur Rückgewinnung der Carbonfaser recycelt. Anschließend werden neue Produkte aus recycelter Carbonfaser hergestellt, die für die Fertigung anderer Fahrzeugkomponenten mit niedrigeren strukturellen und ästhetischen Anforderungen wie etwa den Fahrzeugunterboden eingesetzt werden. Darüber hinaus werden die Produktionsausschüsse zur Herstellung von Nebenprodukten wie Werbeartikeln für Kunden und Gäste während der von Lamborghini organisierten Events verwendet. Das Endziel ist, ist eine echte, nachhaltige Kreislaufwirtschaft für Carbonfasern zu schaffen.

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